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Das Leben und Ben

#29 Alle haben ihre Gründe

Mit 2 Whisky Cola komme ich gerade von der Bar und schlängle mich durch die Clubbesucher, als mir plötzlich jemand von hinten auf die Schulter tippt.

Ich bleibe kurz stehen und dreh mich um.

Scheisse.. Nicht die schon wieder.

„Hey Süsser. Hast du mir was?“

Ich schüttle den Kopf und gehe weiter.

Ein Mal quer durch den Club zu Jasa. Er tanzt mit einem Mädchen, dass noch nicht da war, als ich mich zur Bar aufmachte. Aus den Boxen dröhnt Pon de Replay. Er sieht mich ankommen und grinst mich schelmisch an. Ich grinse zurück und strecke ihm seinen Dink hin. Nickend nimmt er ihn entgegen.

In dem Moment schmeisst sich Aline an mich ran. „Komm schon Ben. Ihr habt doch sicher was dabei.“ Sie reibt sich tanzend an mir. „Du nervst!“ Ich versuch die Klette von mir weg zu drücken. „Bitte Ben.. nur eine E.. Bitte, bitte.“ Sie sieht mich mit ihrem Hundeblick an.

Das Ding ist, Aline schuldet mir ohnehin noch Kohle für die letzten Teile. Sie hat selten Geld in letzter Zeit. Da wir sie kennen, haben wir ihr das Zeug ein paar mal quasi vorgestreckt. Irgendwie glaube ich nicht mer daran, dass sie ihre Schulden mal noch begleichen wird. Aber wenn sie mich so ansieht, werde ich bisschen schwach. „Na gut. Komm mit.“

Ich gehe mit ihr im Schlepptau ein paar Meter weg vom grössten Getümmel auf der Tanzfläche. Ich knie mich hin, zieh ein Grip aus meiner Socke und steh wieder auf. Aline lächelt mich an. „Ist das das gute Zeug?“ „Wir haben nur das gute Zeug … hast du das Geld? … wenigstens das Geld für dieses Teil?“

Aline rückt nah an mich ran. Ihre Hand fährt unter mein Shirt, sie presst sich fest an mich. „Ich dachte, ich kann es vielleicht anders abbezahlen.“ Sie packt mich im Schritt. „Lass das!“ Ich nehme ihre Hand und zieh sie weg von mir. Ihr Lächeln von gerade eben, weicht einen wütenden Gesichtsausdruck. „Findest du mich nicht attraktiv? Bin ich hässlich? … jeder andere wäre glücklich, wenn ich ihn mal ran lassen würde!“ „Schon klar… du Sexgöttin…“ Ich wende mich ab und will zurück zur Tanzfläche. „Du bist so ein Arschloch!“ keift sie mich an.

Ich drehe mich wieder zu ihr. „Ich bin ein Arschloch? Gerade wolltest du mir dich noch als Zahlungsmittel anbieten. Das ist sowas von weit entfernt von jeglicher Würde … Kann ja sein, dass das bei anderen funktioniert, aber in meinen Augen macht dich das einfach nur eklig … Verstehst du mich? Lass es einfach gut sein.“ Sie sieht mich wortlos an. Ich bemerke wie ihre Augen glasiger werden. „Weinst du?“ „Nein! … verpiss dich.“ Sie senkt ihren Blick zu Boden.

„Was ist denn los? … hey, ich wollte dich nicht verletzen. Wirklich nicht… Hast du nen 10er oder so? Ich kann dir ausnahmsweise auch mal eine Halbe geben.“ Sie sieht mich wieder an. „Ja.. hab ich.“ „Komm. Wir gehen kurz raus.“

Wir drängeln uns durch die Menschen im Eingangsbereich nach draussen, gehen ein paar Meter vom Club weg und setzen uns vor eine Hauswand.

Ich hole ein Teil aus dem Grip, breche es in 2 Hälften und halte ihr eine hin. „Hier.“ Sie kramt in ihrer Handtasche rum und zieht einen 10er raus. „Danke.“

„Weisst du Ben, heute ist einfach ein richtiger Scheisstag.“ „Nur weil ich keinen Sex mit dir wollte?“ Ich stupse sie an und lache. „Sorry. Zu früh?“ „Du bist ein Idiot.“ kontert sie mit einem leichten Lächeln. „Ganz ehrlich, ich weiss nicht was mich da geritten hat … ich wollte einfach unbedingt den Tag vergessen.“ „Was ist denn so schlimm heute?“ „Ich weiss nicht, ob ich dir das erzählen soll … seit wir nicht mehr in der Schule sind, haben wir uns ja kaum noch unterhalten.“ „Das stimmt. Aber wenn du dich auskotzen willst, nur zu.“ Ich lächle sie an „Ich hab eh gerade nichts besseres zu tun.“ Sie lächelt und spielt an einem ihrer Schnürsenkel rum. „Weisst du … Gestern mussten wir unseren Hund einschläfern, heute Nachmittag bin ich durch die Fahrprüfung gerasselt und Zuhause ist Momentan die ganze Zeit nur Stress … ich weiss auch nicht… Ist mir einfach zu viel gerade.“ „Oh man.. Das Leben ist manchmal echt anstrengend…“ Ich weiss gerade nicht so richtig was ich sagen soll. Aber Sprüche wie „Kopf hoch, das wird schon wieder“ spare ich mir lieber. Ich weiss ja nicht, wie ihr das geht, aber ich hasse diese dämlichen Floskeln.

Wir schweigen kurz, bis sie es unterbricht.

„Weisst du noch, das eine Mal im Sportunterricht, als wir Fussball gespielt haben und du mich ziemlich heftig angerempelt hast? … du hast mich reflexartig aufgefangen, damit ich nicht hinfalle. Du hattest mich ein paar Sekunden ganz fest in deinen Armen … das ist eine meiner Lieblingserinnerungen an die Schulzeit … ich war damals bisschen in dich verknallt … voll kitschig oder?“ Sie spielt weiter an ihrem Schuh rum ohne mich anzusehen. „Ja, ich kann mich daran erinnern … Du hattest dieses Mickey Mouse Shirt an … ich fand das immer voll gut, wenn du das anhattest. Weiss nicht, ob das kitschig ist. Ist doch was Gutes, wenn du dich gerne daran erinnerst.“

„Es ist doof, dass wir nach der Schule keinen Kontakt mehr hatten.“ „Na, das lässt sich doch ändern … du hast ja meine Nummer. Frag mich doch einfach mal, ob wir einen Kaffee trinken gehen, statt immer nur dieses andere Zeug.“

„Sicher?“ sie sieht mich fragend an. „Hätte es wohl sonst kaum vorgeschlagen.“

Sie sieht mich lächelnd an. „Sollen wir einen Kaffee trinken gehen?“

Die ersten Kapitel gibt es auch in Hörspiel-Form. Das ganze ist eine Spendenaktion für die NUK.

Alle Infos findest du hier!

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#25 Onkel und Tanten

„Warte mal kurz.“ „Was is denn?“ will Jasa wissen, während ich dazu ansetze, die Strassenseite zu wechseln.

Ich zeige auf die Wand gegenüber. „Ich will mir die Plakate kurz ansehen.“

Wir warten auf eine Lücke im Verkehr und sprinten über die Strasse.

„Backstreet Boys? ..möchtest du mir was sagen, Brate?“ er gibt mir einen Box auf den Oberarm und lacht.

„Was? Nein! Das doch nicht. …ich wollte mir das hier anschauen.“ Ich zeige auf das dunkelgrüne Plakat mit der gelben Fledermaus. „Wir könnten uns Tickets holen und Edona eins schenken. Sie liebt die Band.“ „Gute Idee!“

Wir spazieren durch die Stadt zur Verkaufsstelle.

Ausser uns ist gerade keiner da und wir können direkt an den Schalter.

„Hallo zusammen. Wie kann ich euch helfen?“ will die Frau hinter dem Schalter von uns wissen. „Wir hätten gerne 3 Karten für das Guano Apes Konzert am 23.“ Die Frau tippt etwas in ihren Computer, schaut den Bildschirm und uns dann fragend an. „Seid ihr denn schon 18?“ „Warum?“ entgegnet Jasa. „Der Einlass ist ab 18 Jahren … ihr scheint mir noch ein bisschen zu jung. Ohne erwachsene Begleitperson kann ich euch leider keine Karten geben Jungs. Tut mir leid.“ „So ein Käse…“ ziemlich frustriert verlassen wir das Gebäude.

„Das ist doch kacke. Nur weil wir 2, 3 Jahre zu spät auf die Welt gekommen sind, dürfen wir jetzt da nicht hin.“ Wütend tritt Jasa einen Kieselstein über die Strasse. „Ich wäre da voll gerne hingegangen … warte. Ich hab ne Idee. Wir fragen einfach Onkel Jan, ob er uns begleitet.“ „Denkst du, dass er lust hat auf das Konzert?“ „Weiss nicht. Aber fragen kann man ja mal.“

Jasa nickt.

Ein paar Minuten später sind wir auch schon angekommen. Wir begrüssen Marlene an der Bar, gehen an ihr vorbei zum Büro von Onkel Jan, klopfen an die Türe und gehen rein.

Er und Mike sitzen am Bürotisch. Beide blicken hoch, sehen uns an und lächeln. „Hallo Jungs. Was treibt ihr so?“ begrüsst uns Onkel Jan.

„Nichts besonderes. Wir wollten dich nur was fragen.“

„Schiesst los.“

„Würdest du am 23. mit uns an ein Konzert? Wir wollen da unbedingt hin, aber es ist ab 18 und die verkaufen uns keine Tickets ohne erwachsene Begleitperson. Wir dachten, vielleicht kommst du ja mit uns da hin.“

„Natürlich würde ich mit euch an ein Konzert. Es gibt da nur ein kleines Problem. Am 23. kann ich nicht.“

„Oh.. ok. Das is doof..“ die kurz aufflackernde Freude ist soeben wieder erloschen.

„Ich kann doch da hin mit euch.“ meint Mike. „Echt jetzt?“ fragt Jasa. „Das würdest du tun?“ „Aber sicher. Ihr seid doch auch meine Jungs … und ich hab Zeit.“ Der ganze Unmut ist auf einen Schlag verflogen und die Vorfreude macht sich wieder breit. „Danke Mike! Du bist der Beste!.“

„Bitte.“ Mike grinst uns an.

„Du müsstest dann aber noch die Karten holen mit uns.“ meint Jasa.

„Meinetwegen können wir das nachher kurz erledigen. Wir brauchen hier aber noch einen Moment … wartet einfach draussen auf mich.“ „Ja klar. Machen wir. Kein Stress.“ „Bis gleich.“

Jasa und ich verlassen das Büro, schnorren an der Bar 2 Kippen, gehen raus auf die Strasse und setzten uns an der Hauswand auf den Boden.

„Weisst du was Ben?“ fragt Jasa, während er sich seine Zigarette ansteckt. „Wasn“ „Dafür, dass man uns immer erklären will, dass die Menschen hier ein sehr schlechtes Umfeld sein sollen für uns und wir uns nicht bei denen rumtreiben sollen, sind das schon ein paar gute Onkel und Tanten hier.“ Ich nicke. „Seh ich genauso.“

In dem Moment kommt Mike aus der Türe, sieht uns und kommt auf uns zu. „Also dann Jungs. Lasst uns die Karten holen.“ Er lächelt uns an. „Na, dann, Onkel Mike.“ Meint Jasa grinsend und steht auf. „Wir dürfen dich doch Onkel Mike nennen, oder?“ „Aber sicher.“ sagt Mike, stellt sich zwischen uns, legt uns je eine seiner riesigen Pranken auf die Schulter und wir gehen los.

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#23 Der rote Hoodie

Ich frage mich gerade, ob Edona schon immer so gut ausgesehen hat oder ob das neu ist? Ich mein, sie war nie hässlich oder so, aber irgendwas ist heute anders. Glaube ich…

Sie steht ein paar Meter vor mir und kramt einen Pullover aus dem Regal.

Wir sind bei Dan im Skateshop. Aus den Boxen dröhnt Green Day.

Sie trägt ihre neue Hose. Sandfarbene, weit geschnittene Chinos. Die sitzen so tief auf ihren Hüften, dass man den Bund ihres Slips sehen kann. Ihr Oberteil ist gerade so lang, dass es ihr ganz knapp nicht bis zum Hosenbund reicht.

Sie sieht ein bisschen so aus wie Sandra Nasić. Und die ist ziemlich cool. Ist das vielleicht der Grund, warum ich Edona gerade ziemlich anziehend finde? Weil ich irgendwie auf Sandra Nasić stehe? Ich hab den neuen Lords of the Boards Clip gesehen und sie ist einfach … lassen wir das.

Was es auch ist. Ändert nichts an der Tatsache, dass ich zur Abwechslung eventuell mal wieder was anderes als ihren Arsch anstarren sollte.

In dem Moment klopft mir jemand auf die Schulter und ich zucke zusammen.

«Was geht? Alles klar bei dir Ben?» Es ist Dan, der mich aus dem Nichts überrumpelt hat. «Alles klar … und bei dir?» stammel ich, während ich mich von dem kleinen Schock erhole. Dan nickt. «Bist du auf der Suche nach etwas oder hast du das bestimmte Etwas schon gefunden?» Er stupst mich an, grinst und zeigt auf Edona, die sich noch immer Pullover anschaut.

«Ich… äh… was? Nein… ich mein Ja. Ich wollte mir neue Schuhe kaufen.» Dan grinst noch immer. Noch debiler als vorher. «Dir ist klar, dass die Schuhe auf der anderen Seit sind? Aber ok… ich lass dich mal weiter kucken.» Er klopft mir auf die Schulter und läuft lachend davon.

Edona dreht sich zu mir. «Was ist denn da so lustig?» «Äh… nichts?» «Warum hat Dan dann gelacht?» Edona schaut mich fragen an. Ich zucke mit den Schultern. «Hey, der Pulli da hinten passt bestimmt gut zu dir. Ich gehe zum Regal, greife nach einem roten Hoodie, zieh ihn raus und halt ihn ihr hin. «Ja, der ist wirklich cool. Den probiere ich an.» Edona zieht ihn sich über, geht zum Spiegel in der Umkleidekabine und beginnt sich in verschieden Posen zu werfen. «Der steht dir.» «Ja, oder? Den will ich.» Sie lächelt.

Während Edona den Pulli über ihren Kopf zieht um ihn auszuziehen, rutscht ihr Shirt mit hoch und ich kann ihren BH kurz sehen. Er ist schwarz und der Stoff sieht ziemlich dünn aus. Ich bilde mir ein, die Abdrücke ihrer Nippel zu erkennen. Schon ist der Pullover wieder aus- und ihr Shirt nach unten gezogen. Sie schaut mich skeptisch an.

«Hast du mir gerade auf die Brüste gekuckt?»

Ich antworte leicht verlegen «Vielleicht? …wär das schlimm?» Ich seh ihr an, dass sie nachdenkt. «Nein. Nicht schlimm …nur bisschen komisch.» «Tut mir leid …das war nicht wirklich mit Absicht.» «Alles gut. Bei dir stört es mich nicht so wirklich, wirklich …denke ich.» Betretenes Schweigen macht sich breit.

«Oh so ein Mist…» murmelt Edoan vor sich hin. «Was ist denn los?» «Der Pulli kostet 69.- und ich habe nur noch so um die 30, 40 …glaube ich.» Betrübt stopft sie den Pullover zurück ins Regal.

«Ich hol mir jetzt ein Frust-Eis. Kommst du mit?» Edona sieht mich fragend an. «Ich… geh schon mal vor. Ich muss Dan noch kurz was fragen.» «Ok. Wir treffen uns nachher unten beim Brunnen …aber ich werde dann halt schon ein Eis haben. Ätsch!» sie streckt mir die Zunge raus, grinst und schlendert davon.  

Ich kram mein Geld aus meiner Hosentasche und zähle es zusammen. Das reicht locker für den Pullover.

Ich zieh den Hoodie wieder aus dem Regal und gehe zu Dan an die Kasse.

«Kapuzenpulli? Dachte du willst Schuhe?» Dan grinst schon wieder so dämlich. Ich glaube, er kann einfach nicht anders. «Der ist nicht für mich.» sag ich und drücke im das Geld in die Hand. Er kramt das Wechselgeld aus seiner Kasse und reicht es mir über den Tresen. «Willst du eine Tüte?» Ich schüttle den Kopf. «Danke.» Ich schnapp mir den Pulli und geh aus dem Laden.

Ein paar Meter weiter sitzt Edona auf dem Rand des Brunnens und hat sich in der Zwischenzeit wirklich schon ein Eis geholt. Ich geh zu ihr hin und gebe ihr den Pullover. Sie schaut mit verdutzt an. «Du hast mir den Hoodie gekauft? …du hast ihn doch bezahlt, oder?» «Ja, der ist offiziell gekauft. Und ja, ich habe ihn für dich gekauft.» «Warum?» «Wie warum?» «Warum hast du mir den gekauft?» «Na, weil du ihn wolltest …und ich dich mag …und ich wollte ihn dir halt einfach kaufen …nimm ihn als Geburtstagsgeschenk oder so.» Edona schaut mich an und lächelt. «aber ich habe doch erst in ein paar Monaten Geburtstag …Weihnachten ist vorher auch noch.» «Na, dann nimm ihn halt als Weihnachtsgeschenk.» Edona steht auf, nimmt mich in den Arm und gibt mir einen Kuss auf die Wange. «Danke, Ben. Hab dich lieb.» Ich drück sie, löse mich dann aus der Umarmung und gehe weg. «Hey, wo willst du denn jetzt hin?» ruft sie mir hinterher. «Ich muss etwas gegen die ungerechte Eisverteilung hier unternehmen!» rufe ich ihr grinsend zu und gehe weiter in Richtung Eisdiele.