„Was ist denn los mit dir?“ will Jasa wissen, der gerade in unser Zimmer kommt. „Denkst du, dass aus uns nichts wird?“ Jasa schaut mich fragend an. „Hä?“ „Herr Pfeiffer hat mir gesagt, dass aus mir so nichts wird, dass ich als Obdachloser oder im Knast ende, wenn ich nicht aufhöre damit.“ „Womit aufhören?“ „Das weiss ich auch nicht genau … Damit meinen Ball aus dem Geräteschuppen zu holen, wenn er mir weggenommen wurde vielleicht … dabei hat er mich zumindest erwischt.“ Jasa lässt sich rücklings auf sein Bett fallen und starrt an die Decke. „Das macht keinen Sinn … warum sollte man in den Knast kommen, nur weil man einen Ball holt? …ist ja dein Ball … klar, das hättest du nicht machen sollen … aber wegen sowas ins Gefängnis? … der Pfeiffer hat doch einen an der Klatsche!“ Jasa schüttelt den Kopf. „Ja eben! … ich kapier es auch nicht.“ „Die Erwachsenen labern manchmal ziemlichen Unsinn.“ „Voll! Die sagen uns auch immer, dass wir nicht auf der Strasse mit unseren Fahrrädern fahren dürfen, aber hier im Hof dürfen wir auch nicht rumfahren. Wozu dürfen wir denn Fahrräder haben?“ „Stimmt. Und mit Fussball ist es dasselbe. Nicht auf der Strasse! Aber alleine zum Bolzplatz dürfen wir ja auch nicht.“ „Irgendwie dürfen wir nichts machen, was Spass macht.“ Jasa setzt sich auf an die Bettkante und schaut mich mit ernster Mine an. „Wird dürfen Puzzles machen im Esszimmer.“ Ich kontiere seine Aussage mit einem Nicken.
Wir lachen.
„Hey, Mama Ria hat gesagt, heute Abend gibt es Spaghetti.“ „Das sind gute Neuigkeiten.“ „Ja, oder? … ich mag Spaghetti.“ „Ich auch. Aber ich mag eigentlich alles was Mama Ria kocht.“ „Ja. Hauptsache Herr Kobler kocht nicht. Sein Essen ist komisch.“ „Wie dieses komische Reis Zeug letzten Sonntag … bäh.“ „Das mit den Früchten drin? … das war eklig.“ „Zum Glück ist der fast nur an den Wochenenden da.“ In dem Moment öffnet sich die Türe. Miro steht davor, streckt seinen Arm rein, zeigt uns seinen Mittelfinger und verschwindet wieder.
„Was war das denn jetzt?“ ruft Jasa ihm nach. Er reagiert aber nicht. „Kurac! Wenigstens die Türe könntest du wieder schliessen!“ Jasa steht fluchend auf und geht zur Türe. „Hey wo ist eigentlich Edona?“ „Sie hat doch jetzt Mittwochnachmittag diese Mädchengruppe.“ „Was für eine Mädchengruppe?“ „Hat sie uns doch erzählt beim Mittagessen letze Woche irgendwann … hast nicht zugehört? Warst wieder mal in deiner Traumwelt?“ Jasa grinst. „Ja, kann sein … was ist das denn nun für eine Gruppe?“ „Weiss nicht genau. Die Turnen glaube ich. Oder sowas.“ „Sie geht freiwillig Turnen?“ „Was heisst freiwillig? Du weisst doch, dass wir alle in irgendeinem Verein mitmachen müssen. Wir waren doch auch in so einem Turn Dings bevor wir zum Fussball durften.“ „Erinnere mich nicht daran … da habe ich gelernt, dass ich Bockspringen so gar nicht vertrage.“ „Haha! Spiegeleier!“ Wir müssen beide lachen.
„Wer bringt uns eigentlich heute zum Training?“ „Ich denke Herr Burkhardt … damit er wieder die Mama von Diego besabbern kann.“ „Haha ja. Das ist so eklig … oh Frau Sanchez, schön sie zu sehen sabber sabber…“ „Oh Herr Burkhardt. Es ist so schön zu sehen, wie lieb sie sich immer um diese Kinder kümmern. Und dann streichelt sie seinen Arm so.“ Jasa fährt mir über den Arm. „Bäh! Lass das!“ Wir bringen uns gegenseitig immer wieder zum Lachen mit unseren Sanchez – Burkhardt Parodien.
„Was meinst du, wann die wohl heiraten?“ Jasa lacht. „Diego zu liebe hoffe ich, dass sie das niemals tun.“ Ich muss auch wieder lachen.
Es klopft an der Türe und Herr Burkhardt streckt den Kopf ins Zimmer. „Jungs. Abfahrt in 10 Minuten. Freut ihr euch aufs Training?“ fragt er grinsend. Ich schau Jasa, dann ihn an und muss lachen. „Wohl nicht so sehr wie sie.“ Er schaut uns leicht verwirrt an. „Äh.. ok.. 10 Minuten.“