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Das Leben und Ben

#39 Ritalin & Disziplin

„Wie sie meinen..“ Herr Kleeb beugt sich auf seinem Stuhl leicht vor, stützt sich mit seinen Händen am Tisch ab und sieht mich an „Ben, du kannst jetzt wieder gehen. Ich würde mich gerne noch mit Frau Hellinger alleine unterhalten.“

Frau Hellinger sieht mich mit ihrem strengen Blick an. „Nimmst du denn deine Medikamente auch jeden Tag?“ fragt sie mich. „Die bekommt er jeden Tag von uns.“ meint Herr Kleeb, während ich ihr zunicke. Eigentlich nehme ich die Tabletten aber so gut wie nie. Die machen mich … komisch. Meistens lasse ich sie in meiner Tasche verschwinden und werfe sie draussen in einen Mülleimer.

„Das ist gut Ben.“ sagt sie und tätschelt meine Schulter.

Ich sitze am Tisch mit der Schulpsychologin und unserem Heimleiter. In dessen Büro. „Ehrlich gesagt, merken wir kaum eine Verbesserung bei ihm, seit er das Ritalin bekommt.“ sagt Herr Kleeb und starrt mich an. „Ist nach wie vor ein Lausbengel, der nicht auf unsere Betreuer hört und macht was er will. Er ist dauernd in irgendwelche Raufereien verwickelt und büchst regelmässig aus … wir sind am Ende mit unserem Latein, was das angeht. Und von der Schule, bekommen wir auch nichts anderes zu hören.“ Frau Hellinger denkt einen Moment nach. „Ich fände es trotzdem nicht gut, die Medikamente jetzt schon wieder abzusetzen. Diese wirken unterstützend. Ich sollte mich regelmässiger mit ihm treffen für unsere Gespräche. Eventuell wöchentlich, statt ein Mal im Monat … was denkst du Ben? Eine wöchentliche Sitzung könnte dir gut tun.“ Sie sieht mich fragend an. Ich zucke mit den Schultern. Ich habe keine Ahnung, was das bringen sollte. Sie erzählt mir eigentlich jedes Mal nur, dass ich mich nicht prügeln darf, den Unterricht immer besuchen soll und auf die Erwachsenen um mich rum hören muss.

Ich habe ihr mal erzählt, dass mich gewisse Jungs hier im Heim schikanieren und wie uns gewisse Betreuer behandeln. Aber das scheint sie nicht interessiert zu haben.

„Und sie denken, dass das etwas nützt, er die 6. Klasse nicht wiederholt und in der Oberstufe weitermacht?“ fragt Herr Kleeb etwas skeptisch. Frau Hellinger nickt. „An seiner Leistungsfähigkeit scheitert es nicht. Ben hat erstaunlich gute Noten für sein.“ sie unterbricht ihren Satz und sieht mich an „auffälliges Verhalten … Wenn wir an seiner Disziplin arbeiten, kommt er in der Oberstufe bestimmt zurecht.“ Sie hält meine Schulter fest, rüttelt mich leicht und lächelt.

„Wie sie meinen..“ Herr Kleeb beugt sich auf seinem Stuhl leicht vor, stützt sich mit seinen Händen am Tisch ab und sieht mich an „Ben, du kannst jetzt wieder gehen. Ich würde mich gerne noch mit Frau Hellinger alleine unterhalten.“ Ich schau die beiden an. „Also.. muss ich die 6. Klasse jetzt nicht wiederholen?“ Sie schütteln beide den Kopf. „Na gut..“ ich stehe auf und gehe zur Tür. „Ben! Anstand.“ ruft Herr Kleeb mir nach. Ich drehe mich zu ihnen zurück. „Auf Wiedersehen Herr Kleeb.. Tschüss Frau Hellinger.“ sag ich und verschwinde aus dem Büro.

Ich gehe die Treppen runter und raus auf den Hof. Aus dem Fenster im Treppenhaus habe ich Edona gesehen, wie sie zusammen mit Kim, einem anderen Mädchen aus dem Heim, Frisbee spielt. Ich gehe auf die zwei zu. Sie sehen mich und Kim wirft die Scheibe in meine Richtung. „spielst du mit?“ fragt sie mich grinsend. Ich nicke und werfe den Frisbee weiter zu Edona. „Und? … kommst du nächstes Schuljahr mit uns in die 6.?“ will Edona wissen. „Nö.. ich kann in die Oberstufe.“ antworte ich ihr knapp. „Schade. Ich wär gerne mit dir in einer Klasse.“ „Ich hätte nichts dagegen, mit dir in einer Klasse zu sein.. Aber ehrlich gesagt, freue ich mich über jeden Tag, den ich nicht in der Schule sein muss.“ „Versteh ich.“ meint Edona und lacht. „Ich weiss nicht, was ihr gegen die Schule habt. Ich mag die Schule.“ sagt Kim. „Ach du.. du zählst nicht … du magst ja auch Rosenkohl.“ antworte ich ihr und wir müssen lachen.

Von wotsefak

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